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Summer in the city

Ich will hier raus! Das Wetter ist schön, die Biergärten locken und Zeit habe ich auch. Ein kühles Alster auf einer groben Holzbank. Möglichkeiten finden sich dafür genügend. Doch es gibt einen elementaren Haken an der Idee: Es ist niemand da, der dieses Vergnügen mit mir teilt!

Ich will hier raus! Das Wetter ist schön, die Biergärten locken und Zeit habe ich auch. Ein kühles Alster auf einer groben Holzbank. Möglichkeiten finden sich dafür genügend. Doch es gibt einen elementaren Haken an der Idee: Es ist niemand da, der dieses Vergnügen mit mir teilt!

Die Anrufe bei einigen Freunden führen zu Frustration. Da erreiche ich beim ersten den Anrufbeantworter, beim nächsten ein langes, nicht enden wollendes Freizeichen. Also die Handtelefonnummern. Auch hier lange Freizeichen und viele automatisch generierte Antworten. Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, seine Handtelefonanrufbeantworter nicht selber zu besprechen? „Dies ist der automatische Anrufbeantworter von…“ Pause „… Peter Lustig …“ Pause „Leider kann ich Ihren Anruf nicht persönlich entgegen nehmen.“

Doch dann erreiche ich tatsächlich eine Freundin. Sie hört sich so an wie immer (das ist eine der Tücken der Technik: Sie gaukelt uns Nähe vor!) Wäre da nicht dieser leicht entspannte Ton in der Stimme. Und das leise Plätschern der Brandung im Hintergrund. Wie? Meeresrauschen in Köln? Ach, Gott, sie ist doch auf Ibiza. Das hatte ich vergessen. Nein, nein, es war nichts besonderes, ich wollte nur mal kurz… Ja klar, kann ich mich um die Blumen kümmern, dafür habe ich den Schlüssel ja… Nein, ich fahre nicht mehr weg… Ich wollte… Wie? Ihr bleibt dieses Jahr vier Wochen?… Nein, nein, es ist alles in Ordnung… Gute Erholung noch.

Einsam sitze ich auf meinem kleinen Balkon. Nur die beiden Meerschweine Che und Ludwig, die ich für 14 Tage zur (Urlaubs-)Pflege aufgenommen habe, quieken hin und wieder. Es ist nicht einmal mehr Bier im Kühlschrank. Kann ich mit den Birkenstockschuhen auf die Straße? Naja, es ist ja sowieso keiner in der Stadt, der mich erkennen würde. Schlüssel, Geld, Handtelefon (falls sich doch noch jemand meldet!), Treppe runter, einmal um die Ecke. Und dann er finale Schock: „Wir machen Urlaub“! Mein Kiosk macht Urlaub! Können die sich nicht um eine Vertretung kümmern? Glücklicherweise ist der nächste Kiosk in Köln nie weit. Das ist mir zwar wegen der Schuhe etwas peinlich, aber das kann ich jetzt auch nicht mehr ändern.

Zehn Minuten später bin ich zurück. Doch das Bier schmeckt so ohne Gesellschaft etwas fade. Die Schweine saufen nur Wasser und kauen an ihren Möhren. In meiner Verzweiflung begehe ich einen fatalen Fehler: Ich poste meine verzwickte Situation auf facebook! Dass das keine gute Idee war, wird mir eine halbe Stunde und ein Bier später klar: Meine Freunde antworten mir mit den Bildern ihres augenblicklichen Aufenthaltsortes. Strand, Meer, Urwald, Berge – eine dreiste Sammlung bunter Urlaubsimpressionen, die ich nicht sehen will. Haben die im Urlaub nichts anderes zu tun, als mit ihren schicken smartphones in Internetportalen zu surfen? Na wenigstens werden sie dann diesen Text lesen.

Der letzte Schritt, den ich wage, ist der auf die blauen Seiten. Angeblich ist gayromeo ja das schwule Einwohnermeldeamt. Doch kurz nachdem ich dort mein Begehr („Wer geht mit mir ein Bier trinken?“) veröffentlicht habe, bekomme ich so eindeutig zweideutige Antworten, zugeschickt dass ich dringend ein drittes Bier brauche, um den Abend zu überstehen.

Ihr Lieben! Kommt doch endlich zurück in die Stadt. Was kann es denn da draußen so Interessantes geben, im Ausland, auf den Bergen und im Meer? Ich bin doch auch hier. Kann mich eigentlich irgendjemand hören?

Im nächsten Jahr fahre ich in der Hochsaison weg. Es ist mir egal, wenn die Flüge teurer sind und ich eigentlich unabhängig von den Schulferien bin. Oder ich suche mir neue Freunde. Keine Lehrer und Erzieher, keine Eltern mit schulpflichtigen Kindern. Dann muss ich mir keine Gedanken darüber machen, ob mich der Sommer zum Alkoholiker macht!


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