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Was die Kölner von den Schwaben lernen können

Stuttgart 21 versus Köln 17 !

In Stuttgart soll also ein Bahnhof unter die Erde gelegt werden. Spontan muss ich milde lächeln. Ein Bahnhof… unter die Erde… Wir Kölner legen ja auch gerne alles unter die Erde, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Eine ganze Stadtbahn-Linie zum Beispiel – von der bislang keiner so recht weiß, wofür wir sie eigentlich benötigen.

In Stuttgart soll also ein Bahnhof unter die Erde gelegt werden. Spontan muss ich milde lächeln. Ein Bahnhof… unter die Erde… Wir Kölner legen ja auch gerne alles unter die Erde, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Eine ganze Stadtbahn-Linie zum Beispiel – von der bislang keiner so recht weiß, wofür wir sie eigentlich benötigen.

Ja, werdet ihr sagen, ist der denn total bescheuert? Vor ein paar Wochen hat er einen Artikel über die U-Bahn-Station am Chlodwigplatz geschrieben, und jetzt das? Vollkommen richtig.

Die neue Haltestelle, so wie sie dort unter der Erde entsteht, ist eine architektonische Meisterleistung. Niemand wollte sie haben, aber man muss das sportlich sehen: Diese Bahnstation ist wie ein Swimmingpool im Garten. Gebraucht wird auch der nicht, aber es ist doch ganz nett, wenn er da ist. Und wenn man den Pool schon einmal hat, dann soll er doch bitte auch etwas her machen. Dass man die neuen Tunnel ebenfalls unter Wasser setzen kann, das wissen wir ja mittlerweile. Im Zweifelsfall legen wir sogar ein ganzes Archiv unter die Erde, um es danach zu fluten. Darüber muss man sich nicht gleich aufregen.

Nun gut. In Stuttgart wird viel Geld ausgegeben. Jetzt muss ich lachen. Ja, ja, das können wir auch. Bei uns ist es dann auch ganz ähnlich wie bei den Schwaben: Die Kosten steigen immer weiter. Und noch etwas haben wir gemein: Die Baukosten werden sowohl aus öffentlichen Töpfen (Bund, Land, Kommune) als auch durch Unternehmen (Deutsche Bahn, KVB) bestritten. Dass die Kassen der Kommunen, der Länder und natürlich auch des Bundes mittlerweile nur noch gähnende Leere aufweisen, das scheint in Köln jedoch niemanden so recht zu stören – in Stuttgart hingegen schon. Komisch, nicht wahr?

Spätestens wenn wir endlich alle Theater der Stadt geschlossen haben (abgesehen natürlich vom neuen Schauspielhaus, in dem dann jedoch aus Kostengründen nicht mehr Dostojewskis Idiot, sondern Hugs Elende gespielt werden), werden wir wohl feststellen, dass es viel mehr Spaß macht, abends für fünf Euro eine Runde Bahn zu fahren, als das Hirn mit anstrengender Kultur zu belasten.

Ok, abgehakt. Aber was ist mit den Bäumen? Im Stuttgarter Schlossgarten sollen ein paar von ihnen fallen. Das können wir ebenfalls: stattliche 300 Bäume sind es im Ländle, aber immerhin auch 150 bei uns an der Rheinuferstraße. Sie sollen für den sechsspurigen Ausbau weichen, weil den Planern irgendwann eingefallen ist, dass die neue Bahn diese unwichtige Straße am Rhein queren muss.

Jetzt kommen wir zur Kalkulation der Bauzeit. Während in Stuttgart der Bau kurzerhand vorgezogen wurde. Dadurch erhoffte man sich, fälschlicherweise, geringere Proteste. In Köln verschiebt er sich hingegen immer weiter nach hinten. Vielleicht inspiriert das ja die Sportfreunde Stiller oder BAP oder die Bläck Fööss demnächst mal zu diesem Lied:

3 und 2 und 1 und
2010, 2012, 2015, 2017
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hose
und der Leidenschaft am Rhein
werden wir bald pleite sein.

Nun aber die entscheidende Frage: Warum gehen in Stuttgart so viele Menschen auf die Straße? Das ist doch klar: Denen fehlt ganz einfach der rheinische Sinn für Humor: „Et kütt wie et kütt“ ist eben etwas anderes als „Schaffe, schaffe, Bänle baue“. Was können wir denn schon tun? Dank unseres Klüngels kommt es doch sowieso anders, als wir es uns wünschen. Gegen solch ein undurchsichtiges Geflecht von Interessen können wir schließlich nichts unternehmen. So denken wir, schimpfen kurz darüber – und wenden uns ab.

Die Gründe für unser Verhalten sind einfach: Wir haben durch unsere progressiven Taten (Kreuzchen bei Barbara Moritz) längst für politische Konstellationen gesorgt, die alles Menschenmögliche in Bewegung setzen. Außerdem ist der Job zur Zeit so anstrengend. Und seit die Kleine in den Kindergarten gekommen ist, braucht sie besondere Aufmerksamkeit. Zudem geht’s Muttern ja auch gerade nicht so gut…

Das ist bei den Schwaben schließlich etwas ganz anderes: Die haben bestimmt keine Probleme mit den Jobs. Mercedes geht’s sicher besser als Ford. Schwäbische Kinder sind glücklicher. Und die Mütter gesund … Wenn das bei uns so wäre, ja, dann würden wir etwas tun. Ganz bestimmt. Schließlich ist gerade die Südstadt bekannt dafür, dass sie immer deutlich ihre Meinung sagt.

So setzen wir uns schnell in ein beschauliches Café, trinken einen großen Latte mit wenig Macchiato. Dort angekommen regen wir uns ein bisschen darüber auf, dass die Jugendlichen auf dem Eierplätzchen während der Herbstferien nachts Krach machen. Aber wirklich mal etwas auf die Beine stellen? Wie die Stuttgarter endlich unserem Protest Ausdruck verleihen – das haben wir nicht nötig. Ansonsten müssten wir uns ja eingestehen, politikverdrossen zu sein. Außerdem ist es doch so schön, zu reden, sich über „die da oben“ zu echauffieren und lieber den Politikern die Schuld an allem zu geben.

So sind wir Südstädter heute nun mal: Unkritisch, still und ein bisschen faul.


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