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Schwule Literatur oder Gay Romance?

Warum schreibe ich queere Literatur?

Ich wollte mich eigentlich nie in die Schublade des schwulen Autors stecken lassen, weil ich diese Form der Kategorisierung nicht mag. Vielleicht kennst du das, wenn dich jemand fragt woher du kommst (wenn du einen Migrationshintergrund hast), ob der Aktzeichenkurs ein schwuler ist (wenn du ein queerer Künstler bist) oder ob du allein aufs Klo gehen kannst (wenn du im Rollstuhl sitzt): Jedes Mal wirst du auf mehr oder weniger übergriffige Weise auf einen Teil deiner Identität zurückgeworfen, der dich gar nicht zentral ausmacht. Denn eigentlich verstehe ich mich in erster Linie als Schriftsteller, als liebevoller Freund und als konstruktiver Kollege (und vieles mehr). Und nur am Rande bin ich auch noch schwul. Meine Homosexualität gehört zu mir, sie prägt mein Leben entscheidend. Aber eben nicht immer und überall. Deshalb zucke ich jedes Mal zusammen, wenn mir durch meist nett gemeinte Fragen der Stempel aufgedrückt wird, dass ich eine absonderliche Spezies bin. Mich nervt das kolossal! Genau deshalb wollte ich nie rein schwule Bücher publizieren.

Doch es gibt noch eine andere Seite der Medaille: Ich freue mich über jeden Roman, in dem ein schwuler Charakter nicht nur eine spaßige Nebenrolle übernimmt, sondern im Fokus der Handlung steht. Wenn sich zwei Männer ineinander verlieben oder zumindest miteinander spielen. Aber von diesen Büchern gibt es viel zu wenige. Und eine Reihe dieser wenigen Titel sind leider erstaunlich schlecht geschrieben. Nicht nur im Selfpublishing, auch die Werke, die in etablierten Verlagen herauskommen, scheinen oft ohne fundiertes Lektorat oder literarischen Anspruch veröffentlicht zu werden. Und das ärgert mich noch mehr. Also schreibe ich dagegen an. Das ist mein Anteil an der queeren Bewegung unserer Gesellschaft.

Warum ist die Figur denn schwul?

Als ich dann vor ein paar Jahren mit einer Agentin darüber sprach, schwule Romane auf die Welt zu bringen, war die Reaktion irgendwas zwischen Desinteresse und Ablehnung. Ich musste mir anhören, dass es auf dem deutschen Buchmarkt keine Publikationsplätze für solche Titel gebe. Außerdem sollte ich begründen, warum die Hauptfigur in der Geschichte, die ich im Kopf hatte, schwul war. Das hat mich ehrlich gesagt ziemlich schockiert. Ich verstehe bis heute nicht, warum ich als Autor eine Begründung für die sexuelle Orientierung meiner Protagonisten liefern sollte. Warum sollte die Homosexualität dann auch noch so sehr in den Fokus gerückt werden, dass sie das zentrale Problem der Handlung wurde? Der Grundgedanke dahinter war: Wenn die Hauptfigur einer Geschichte schwul ist, dann muss sie damit auch Probleme haben, anecken oder durch ihre Homosexualität an den gesellschaftlichen Bedingungen scheitern. Ein Krimi mit einem schwulen Kommissar, der die Morde an einem Politiker aufklärt, braucht zwingend eine Verquickung des Falls mit dem Thema Homosexualität. Sonst könnte der Kommissar ja auch hetero sein. Oder?

Immer noch werde ich total wütend, wenn ich an diese Reaktionen denke, die im Übrigen nicht nur von einer Agentur an mich herangetragen wurde. Bei einem heterosexuellen Mörder stellt sich ja auch nicht automatisch die Frage, warum er denn nicht schwul ist. Oder stehe ich auf dem Schlauch?

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Die Bedeutung der queeren Literatur für das Selbstverständnis queerer Menschen

Dabei sind schwule und queere Bücher ein extrem wichtiger Teil des homosexuellen Selbstverständnisses. Nur durch Sichtbarkeit in allen Facetten des Lebens und an allen Orten unserer Gesellschaft kann ein Zustand von Gleichberechtigung und Anerkennung erreicht werden. Ich brauche Rollenmodelle und Vorbilder, um mich weiterzuentwickeln, um mich zu outen und um mich selbst als unaufgeregtes Mitglied dieser Gesellschaft zu fühlen. Wenn meine sexuelle Orientierung in der Literatur (und im Übrigen genauso im Film) ausgespart, in die Nebenrollen oder in Nischenprodukte verschoben wird, dann werde ich mich selbst immer wieder anzweifeln. Und wenn sich die schwule Literatur darauf konzentriert, ein Nischenprodukt zu sein, das nur von einer kleinen eingeschworenen Gemeinschaft gelesen wird, dann wird es auch auf lange Sicht viel zu wenig Publikationen in diesem Bereich geben. Denn auch queere Autor.innen müssten auf die Verkaufszahlen und die damit verbundenen Einkünfte gucken. Der Kühlschrank füllt sich nicht von selbst. Schwule Bücher gehören also in Buchhandlungen nicht in das Regal mit der Regenbogenflagge, sondern in die Abteilungen der Liebesromane, Krimis und Thriller. Sonst setzt sich die Entwicklung der Abstempelung bis in alle Ewigkeiten fort. Sonst werde ich auch in zehn Jahren noch begründen müssen, weshalb der Serienmörder in meinem Thriller Männer liebt.

Schreibe ich Gay Romance oder schwule Literatur?

Und was machte ich? Ich schreibe Bücher, in denen die Protagonisten schwul sind, in denen sich die Handlung mit der Konfrontation von homosexueller und heterosexueller Welt beschäftigt, in der ich in erster Linie darüber berichte, wie der Protagonist durch seine Homosexualität aneckt, ausgegrenzt wird und zuweilen scheitert. Asche über mein Haupt! Ich schreibe genau das, was ich oben kritisiere. Aber im Moment kann ich nicht anders. Vermutlich bin ich gerade in einer Phase der Auseinandersetzung mit mir selbst. Eine Art zweites (oder zwölftes?) Coming-out.

Doch zu meiner Verteidigung möchte ich vorbringen, dass ich noch nicht am Ende meiner schriftstellerischen Karriere angekommen bin. Ich arbeite hart an mir. Jeden Tag. Und ich habe weiterhin ein klares Ziel vor Augen: Meine Bücher sollen über kurz oder lang immer mehr dem entsprechen, was ich oben gefordert habe. Sie sollen schwule Charaktere beinhalten, die einen Fall lösen, die Dramen erleben, die eine Weltreise unternehmen – ohne ihre Homosexualität in den Fokus zu stellen.

Meine aktuellen Romane veröffentliche ich noch unter dem Label Gay Romance, weil ich glaube, sie für die Leser.innen logisch einordnen zu müssen. Aber eigentlich fallen sie für mich eher in die Kategorie schwule Romane – mit der Bezeichnung fühle ich mich zumindest viel wohler. Vielleicht komme ich dann auch irgendwann an den Punkt, dass ich selbst ungezwungener und selbstverständlicher mit meinen Figuren umgehen kann, sodass sie ganz ohne Schubladen zum Leben erwachen und Teil der deutschen (und internationalen) Bücherregale werden. Meine Erfahrung zeigt mir ja jetzt schon, dass nicht in erster Linie Schwule zu meinen Lesern gehören. Ganz im Gegenteil: Viele meiner Leserinnen sind weiblich und vermutlich heterosexuell (Ich habe sie nie danach gefragt). Anfangs hat mich das erstaunt, aber nach und nach habe ich diesen Umstand akzeptiert. Das wird allerdings keinen Einfluss auf meine Art zu Schreiben oder meine Themen- und Charakterauswahl haben. Versprochen!


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